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Lerninhalte
Besonderheiten des Handels als Marketingobjekt
Die spezifischen Eigenschaften des Handels prägen die Ausgestaltung des Marketings maßgeblich:
1. Sortiment als zentrales Marketinginstrument
- Der Handel produziert keine Waren, sondern stellt ein Sortiment aus einer Vielzahl von Produkten verschiedener Hersteller zusammen.
- Die Breite (Anzahl der Warengruppen) und Tiefe (Anzahl der Artikel innerhalb einer Warengruppe) des Sortiments sind entscheidende Wettbewerbsfaktoren.
- Die Sortimentspolitik umfasst die Auswahl, Gestaltung, Pflege und Bereinigung des Angebots, einschließlich der Integration von Eigenmarken.
- Ein gut kuratiertes Sortiment kann Kunden anziehen, Bedürfnisse befriedigen und die Identität des Handelsunternehmens prägen.
2. Standort als kritischer Erfolgsfaktor
- Besonders im stationären Handel ist der Standort von immenser Bedeutung. Er bestimmt die Erreichbarkeit, die Kundenfrequenz und die Sichtbarkeit des Geschäfts.
- Die Standortwahl berücksichtigt Faktoren wie Demografie des Einzugsgebiets, Wettbewerbsdichte, Verkehrsanbindung, Parkmöglichkeiten und Synergien mit anderen Geschäften.
- Ein optimaler Standort kann einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen.
3. Persönliche Beratung und Servicequalität
- Im stationären Handel ist das Verkaufspersonal oft der direkte Kontaktpunkt zum Kunden. Die Qualität der Beratung, Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter beeinflussen das Einkaufserlebnis und die Kundenzufriedenheit maßgeblich.
- Dienstleistungen wie Lieferservice, Reparaturen, Umtauschmöglichkeiten, Click & Collect oder persönliche Styling-Beratung sind wichtige Differenzierungsmerkmale und tragen zur Kundenbindung bei.
4. Atmosphäre und Einkaufserlebnis (Store Design & Visual Merchandising)
- Die Gestaltung des Verkaufsraums (Ladenbau), die Präsentation der Waren (Visual Merchandising), Beleuchtung, Musik und Gerüche schaffen eine bestimmte Atmosphäre.
- Diese Atmosphäre beeinflusst die Verweildauer der Kunden, ihre Stimmung und letztlich ihre Kaufentscheidung. Der Handel versucht zunehmend, ein "Erlebnis" zu verkaufen und nicht nur Produkte.
5. Hohe Preissensibilität und Aktionsorientierung
- Konsumgüter sind oft preissensibel, und der Wettbewerb ist intensiv. Daher spielen Preisstrategien, Rabatte und Verkaufsaktionen eine große Rolle.
- Die Kunden erwarten regelmäßige Angebote und sind bereit, für attraktive Preise den Anbieter zu wechseln.
6. Logistik und Warenwirtschaft
- Die effiziente Steuerung des Warenflusses von der Beschaffung bis zum Verkauf ist im Handel von entscheidender Bedeutung.
- Eine optimierte Logistik sichert die Warenverfügbarkeit, minimiert Lagerkosten und ermöglicht schnelle Lieferzeiten, was direkt die Kundenzufriedenheit beeinflusst.
7. Omnichannel-Ansatz
- Moderne Handelsunternehmen müssen die verschiedenen Vertriebskanäle (stationär, Online-Shop, Mobile App, Social Media) nahtlos miteinander verknüpfen.
- Kunden erwarten, dass sie Produkte online recherchieren, im Laden anprobieren und nach Hause liefern lassen können, oder umgekehrt. Die Integration dieser Kanäle ist eine große Herausforderung und Chance im Handelsmarketing.
Übungsaufgaben
Handelsfachwirt lernen
Übungsaufgaben: Besonderheiten des Handelsmarketing
Übungsaufgabe 1: Sortiment als zentrales Marketinginstrument
Ein mittelständisches Textileinzelhandelsunternehmen (Mode) plant die Einführung einer Eigenmarke (Private Label). Ziel ist es, die Gewinnmargen zu verbessern und die Kundenbindung zu stärken.
Erläutern Sie, inwiefern diese Entscheidung die Sortimentsbreite und die Sortimentstiefe des Händlers typischerweise beeinflusst, und nennen Sie je einen daraus resultierenden strategischen Vorteil für den Händler.
Bleibt in der Regel unverändert oder wird nur geringfügig angepasst. Die Eigenmarke wird meist innerhalb bestehender Warengruppen (z.B. Damenoberbekleidung) positioniert, um die Kernkompetenz zu stärken.
Fokussierung: Das Unternehmen festigt seine Position in den profitabelsten oder nachfragestärksten Produktbereichen (Kernkompetenzen).
Nimmt zu. Die Eigenmarke fügt zusätzliche Artikel (SKUs), Modelle oder Varianten (z.B. ein weiteres T-Shirt-Modell) innerhalb der bestehenden Warengruppen hinzu.
Differenzierung/Kundenbindung: Durch exklusive, nur hier erhältliche Produkte (Eigenmarken) wird eine höhere Wiedererkennung und eine stärkere Kundenbindung erreicht. Der Händler entzieht sich dem direkten Preisvergleich.
Übungsaufgabe 2: Standort als kritischer Erfolgsfaktor
Ein Fachhändler für hochwertige, erklärungsbedürftige Küchengeräte und Küchenstudios plant einen neuen stationären Verkaufsstandort in einer Großstadtregion.
Identifizieren Sie drei für diesen Händlertyp besonders kritische Standortfaktoren und begründen Sie kurz, warum diese für das Geschäftsergebnis ausschlaggebend sind.
Demografie des Einzugsgebiets (Kaufkraft)
Hochwertige, erklärungsbedürftige Produkte sprechen eine kaufkräftige, einkommensstarke Zielgruppe an. Die schiere Kundenfrequenz ist weniger entscheidend als die potenzielle Nachfrage dieser spezifischen Zielgruppe. Der sozioökonomische Status und der Anteil an Hauseigentümern oder Personen im mittleren/höheren Alter sind daher wichtiger als die Gesamteinwohnerzahl.
Erreichbarkeit/Parkmöglichkeiten (Mikrolage)
Der Kauf solcher Geräte ist oft ein geplanter Besuchstermin (Beratungstermin), kein Spontankauf. Kunden sind bereit, eine längere Anfahrt in Kauf zu nehmen. Sie legen jedoch Wert auf stressfreie Anfahrt und ausreichende, bequeme Parkplätze, da es sich um sperrige Güter handelt, die möglicherweise abgeholt oder zumindest in einem entspannten Umfeld ausgewählt werden sollen.
Branchenmix und Synergien (Makrolage)
Eine Ansiedlung in der Nähe von komplementären Geschäften (z.B. Möbelhäuser, hochwertige Badausstattung, Baumärkte mit Fachabteilungen) kann zur Frequenzsteigerung beitragen, da Kunden für das Thema "Wohnen und Einrichten" bereits in der Nähe sind. Ein Standort in einem "Gewerbepark" mit thematisch passenden Anbietern ist oft vorteilhafter als eine reine Innenstadtlage.
Übungsaufgabe 3: Omnichannel-Ansatz und Logistik
Der Omnichannel-Ansatz verlangt die nahtlose Verknüpfung aller Vertriebskanäle, was hohe Anforderungen an die Logistik und Warenwirtschaft stellt.
Erläutern Sie zwei zentrale Herausforderungen in der Logistik, die sich aus der konsequenten Umsetzung eines Omnichannel-Konzepts ergeben, und schlagen Sie je eine konkrete Maßnahme zur Bewältigung dieser Herausforderung vor.
1. Einheitliche Bestandsführung (Single Stock View)
Implementierung eines zentralen Order Management Systems (OMS), das alle Lagerorte (inkl. Filialen) miteinander vernetzt und in Echtzeit alle Warenbewegungen erfasst.
2. Komplexität der Retourenlogistik (Cross-Channel Returns)
Etablierung eines digital gestützten Retourenprozesses in den Filialen, der die Retoure sofort dem korrekten Online-Auftrag zuordnen und die Gutschrift automatisiert auslösen kann, sowie entsprechende Personalschulungen.
