Analyse im Handelsmarketing + Übungsfragen
August 22, 2025Wettbewerbsstrategien nach M.E. Porter + Übungsfragen
August 22, 2025Stärken und Schwächen des Unternehmens (SWOT-Analyse – Vertiefung)
Nach der Identifikation der vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten geht es im nächsten Schritt der internen Analyse darum, diese als Stärken oder Schwächen zu bewerten. Stärken sind interne Faktoren, die dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen oder zu dessen Erfolg beitragen. Schwächen sind interne Faktoren, die das Unternehmen in seiner Leistungsfähigkeit einschränken oder im Vergleich zum Wettbewerb benachteiligen.
Die klare Identifizierung von Stärken und Schwächen ist entscheidend für die strategische Planung. Stärken können genutzt werden, um Marktchancen zu ergreifen oder Wettbewerbsvorteile auszubauen. Schwächen müssen entweder behoben oder durch strategische Maßnahmen kompensiert werden, um Risiken zu minimieren oder die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
Grundlagen und Methodik der SWOT-Analyse (Interner Teil)
Die SWOT-Analyse ist ein strategisches Planungsinstrument, das die internen Stärken (Strengths) und Schwächen (Weaknesses) eines Unternehmens mit den externen Chancen (Opportunities) und Bedrohungen (Threats) des Marktumfelds kombiniert. Im Rahmen der internen Analyse konzentrieren wir uns auf die ersten beiden Aspekte: Stärken und Schwächen.
Um Stärken und Schwächen systematisch zu ermitteln, können verschiedene Methoden angewendet werden:
- Interne Datenanalyse: Auswertung von Unternehmensdaten wie Umsatzstatistiken, Kostenstrukturen, Kundenzufriedenheitsumfragen, Mitarbeiterbefragungen, Fehlerquoten, Retourenquoten, Lagerbestandsdaten etc.
- Benchmarking: Vergleich der eigenen Leistung mit der von Wettbewerbern oder Best-Practice-Unternehmen in der Branche. Wo ist das Unternehmen besser (Stärke), wo schlechter (Schwäche)?
- Experteninterviews: Befragung von Führungskräften, Abteilungsleitern und erfahrenen Mitarbeitern, um deren Einschätzung zu internen Fähigkeiten und Defiziten zu erhalten.
- Prozessanalyse: Untersuchung der Effizienz und Effektivität interner Geschäftsprozesse (z.B. Beschaffung, Logistik, Verkauf, Kundenservice).
- Ressourcenbewertung: Systematische Überprüfung der materiellen und immateriellen Ressourcen (siehe 2.1.1.1) hinsichtlich ihrer Qualität, Quantität und Wettbewerbsrelevanz.
Typische Stärken eines Handelsunternehmens (mit Erläuterung):
- Starkes Markenimage / Hoher Bekanntheitsgrad: Ein etablierter Name, der Vertrauen und Wiedererkennung bei den Kunden schafft. Dies kann durch langjährige Präsenz, erfolgreiche Marketingkampagnen oder eine hohe Kundenzufriedenheit entstanden sein. Eine starke Marke ermöglicht oft höhere Preise und erleichtert die Einführung neuer Produkte oder Services.
- Beispiel: Ein Supermarkt mit einer langen Tradition und einem Ruf für Frische und Regionalität.
- Attraktiver Standort: Eine optimale Lage, die eine hohe Kundenfrequenz und gute Erreichbarkeit (Parkplätze, ÖPNV-Anbindung) gewährleistet. Dies ist besonders für den stationären Handel ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, da er direkte Kaufanreize schafft.
- Beispiel: Ein Modeboutique in einer belebten Fußgängerzone oder ein Baumarkt direkt an einer Autobahnausfahrt.
- Breites und/oder tiefes Sortiment:
- Breite: Das Angebot umfasst viele verschiedene Warengruppen (z.B. Lebensmittel, Textilien, Elektronik). Dies spricht eine breite Kundenschicht an und ermöglicht One-Stop-Shopping.
- Tiefe: Innerhalb einer Warengruppe gibt es eine große Auswahl an Artikeln, Marken und Varianten (z.B. 50 verschiedene Käsesorten). Dies befriedigt spezifische Kundenbedürfnisse und signalisiert Kompetenz.
- Beispiel: Ein Kaufhaus mit breitem Sortiment oder ein Fachgeschäft für Weine mit einer sehr tiefen Auswahl.
- Hohe Servicequalität / Exzellente Kundenberatung: Überdurchschnittlich freundliches, kompetentes und hilfsbereites Personal, das Kunden individuell berät und ein positives Einkaufserlebnis schafft. Dies kann ein starkes Differenzierungsmerkmal sein, insbesondere bei komplexen Produkten oder im Premium-Segment.
- Beispiel: Ein Elektronikfachmarkt, dessen Mitarbeiter Kunden umfassend zu technischen Produkten beraten und bei Problemen unterstützen.
- Effiziente Logistik und Warenwirtschaft: Optimierte Prozesse von der Beschaffung über die Lagerung bis zum Verkauf. Dies führt zu geringeren Kosten, höherer Warenverfügbarkeit und schnelleren Lieferzeiten, was die Kundenzufriedenheit erhöht.
- Beispiel: Ein Online-Händler, der durch ein hochautomatisiertes Lager und optimierte Lieferrouten Bestellungen innerhalb von 24 Stunden ausliefern kann.
- Starke Kundenbindung: Eine hohe Loyalität der Kunden, die immer wieder im Unternehmen einkaufen. Dies wird oft durch Kundenbindungsprogramme, personalisierte Angebote und exzellenten Service erreicht. Gebundene Kunden sind weniger preissensibel und fungieren als Multiplikatoren.
- Beispiel: Eine Drogeriekette mit einem erfolgreichen Kundenkartenprogramm, das personalisierte Rabatte und Vorteile bietet.
- Finanzielle Stärke: Eine solide Eigenkapitalbasis und ausreichende Liquidität, die Investitionen in Expansion, Modernisierung oder Marketingkampagnen ohne hohe Verschuldung ermöglichen.
- Beispiel: Ein Handelskonzern, der aus eigener Kraft neue Filialen eröffnen oder innovative Technologien implementieren kann.
- Innovationsfähigkeit: Die Fähigkeit, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren, neue Trends aufzugreifen und innovative Konzepte (z.B. neue Ladenlayouts, digitale Services) einzuführen.
- Beispiel: Ein Buchhändler, der frühzeitig auf E-Books und Online-Bestellungen gesetzt und sein Ladenkonzept um Cafés und Lese-Events erweitert hat.
Typische Schwächen eines Handelsunternehmens (mit Erläuterung):
- Veraltete Filialen / Unattraktives Ladenbild: Geschäfte, die nicht mehr zeitgemäß sind, eine schlechte Beleuchtung, unübersichtliche Gänge oder mangelnde Sauberkeit aufweisen. Dies kann Kunden abschrecken und das Einkaufserlebnis negativ beeinflussen.
- Beispiel: Ein Lebensmittelgeschäft mit einer Einrichtung aus den 1980er Jahren, die nicht mehr den heutigen Erwartungen entspricht.
- Ungünstige Standorte: Eine Lage abseits von Hauptverkehrsachsen oder Wohngebieten, mit schlechter Erreichbarkeit oder unzureichenden Parkmöglichkeiten. Dies führt zu geringer Kundenfrequenz und hohen Akquisitionskosten.
- Beispiel: Ein kleines Fachgeschäft in einem Industriegebiet ohne Laufkundschaft.
- Eingeschränktes oder unattraktives Sortiment: Ein zu kleines Angebot, das die Kundenbedürfnisse nicht vollständig abdeckt, oder ein Sortiment, das nicht aktuell ist oder nicht den Präferenzen der Zielgruppe entspricht.
- Beispiel: Ein Bekleidungsgeschäft, das nur eine sehr begrenzte Auswahl an Größen und Stilen anbietet, die nicht dem aktuellen Modetrend entsprechen.
- Mangelnde Servicequalität / Unzureichende Kundenberatung: Unfreundliches, ungeschultes oder überfordertes Personal, lange Wartezeiten an Kassen oder bei der Beratung. Dies führt zu Unzufriedenheit und Kundenabwanderung.
- Beispiel: Ein Baumarkt, in dem Kunden lange auf Beratung warten müssen und das Personal wenig Fachwissen zeigt.
- Ineffiziente Logistik: Probleme in der Lieferkette, wie häufige Lieferengpässe, hohe Lagerbestände (Kapitalbindung) oder lange Lieferzeiten für Online-Bestellungen. Dies beeinträchtigt die Warenverfügbarkeit und die Kundenzufriedenheit.
- Beispiel: Ein Möbelhaus, das häufig mit langen Lieferzeiten für bestellte Artikel zu kämpfen hat.
- Geringe Kundenbindung: Eine hohe Abwanderungsrate von Kunden, die nach dem ersten Kauf nicht wiederkommen. Dies kann auf mangelnde Attraktivität, schlechten Service oder aggressive Wettbewerber zurückzuführen sein.
- Beispiel: Ein Discounter, dessen Kunden ausschließlich aufgrund des Preises einkaufen und bei besseren Angeboten sofort wechseln.
- Finanzielle Engpässe: Begrenzte finanzielle Mittel, die notwendige Investitionen in Modernisierung, Expansion oder Marketing behindern. Dies kann die Wettbewerbsfähigkeit langfristig schwächen.
- Beispiel: Ein kleiner Einzelhändler, der sich aufgrund fehlender Finanzmittel keine neue Kassensysteme oder einen Online-Shop leisten kann.
- Geringer Bekanntheitsgrad / Schwaches Image: Das Unternehmen ist in der Zielgruppe kaum bekannt oder hat einen negativen Ruf (z.B. durch schlechte Presse, unzufriedene Kunden). Dies erschwert die Neukundengewinnung.
- Beispiel: Ein neu gegründeter Online-Shop, der noch keine Marketingstrategie zur Steigerung seiner Bekanntheit entwickelt hat.
- Fehlende digitale Präsenz / Veralteter Online-Shop: Keine oder eine unzureichende Präsenz in digitalen Kanälen (z.B. kein Online-Shop, unprofessionelle Social-Media-Auftritte). Dies führt zum Verlust von Kunden, die online einkaufen oder sich informieren möchten.
- Beispiel: Ein traditionelles Fachgeschäft, das keinen eigenen Online-Shop betreibt und somit potenzielle Online-Kunden verliert.
- Hohe Personalkosten / Hohe Fluktuation: Überdurchschnittlich hohe Kosten für Personal oder eine hohe Mitarbeiterfluktuation, die zu einem Mangel an erfahrenen Kräften und einer Belastung der verbleibenden Mitarbeiter führt.
- Beispiel: Ein Einzelhändler, der aufgrund unattraktiver Arbeitsbedingungen Schwierigkeiten hat, qualifiziertes Verkaufspersonal zu halten.
- Mangelnde Innovationsfähigkeit: Das Unternehmen tut sich schwer, neue Trends zu erkennen oder innovative Konzepte umzusetzen. Dies kann zu einem Rückstand gegenüber agileren Wettbewerbern führen.
- Beispiel: Ein Buchhändler, der die Digitalisierung verschlafen hat und weiterhin ausschließlich auf den stationären Verkauf setzt.
Die systematische Erfassung und Bewertung dieser Stärken und Schwächen ist der Ausgangspunkt für die Formulierung strategischer Optionen im Rahmen der vollständigen SWOT-Analyse.
Infografik
SWOT-Analyse: Der Blick nach innen
Die klare Identifizierung von internen Stärken und Schwächen ist das Fundament jeder erfolgreichen Marketingstrategie. Nur wer sich selbst kennt, kann Chancen nutzen und Risiken minimieren.
Stärken (Strengths)
Interne Faktoren, die dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Sie sind die Trümpfe, die es auszuspielen gilt, um Marktchancen zu ergreifen.
Schwächen (Weaknesses)
Interne Faktoren, die das Unternehmen benachteiligen oder einschränken. Sie müssen erkannt und behoben oder kompensiert werden, um Risiken zu vermeiden.
Wie findet man Stärken & Schwächen?
Datenanalyse
Auswertung von Umsatz, Kosten, Kundenumfragen und Retourenquoten.
Benchmarking
Systematischer Vergleich der eigenen Leistung mit den Besten der Branche.
Experteninterviews
Befragung von Führungskräften und Mitarbeitern nach deren Einschätzungen.
Typische Stärken im Handel
Eine entscheidende Stärke ist die starke Kundenbindung. Loyale Kunden kaufen wieder, sind weniger preissensibel und agieren als Markenbotschafter. Das Diagramm zeigt eine positive Entwicklung der Wiederkaufsrate, ein klares Zeichen für wachsende Loyalität.
- Starkes Markenimage: Hoher Bekanntheitsgrad schafft Vertrauen.
- Attraktiver Standort: Gute Lage sichert hohe Kundenfrequenz.
- Exzellenter Service: Kompetente Beratung schafft ein positives Einkaufserlebnis.
- Effiziente Logistik: Schnelle Lieferung und hohe Warenverfügbarkeit.
Typische Schwächen im Handel
Eine häufige Schwäche ist eine fehlende digitale Präsenz. Im Omnichannel-Zeitalter führt dies zum Verlust von Kunden, die online suchen und kaufen. Die Grafik vergleicht die Online-Sichtbarkeit mit einem Wettbewerber und deckt eine deutliche Lücke auf.
- Veraltete Filialen: Unattraktives Ladenbild schreckt Kunden ab.
- Unattraktives Sortiment: Angebot entspricht nicht den Kundenwünschen.
- Mangelnder Service: Ungeschultes Personal führt zu Frustration.
- Finanzielle Engpässe: Fehlende Mittel für notwendige Investitionen.
Benchmarking im Überblick
Der Vergleich mit einem "Best-in-Class"-Wettbewerber deckt Stärken und Schwächen schonungslos auf. Bereiche, in denen die eigene Linie (blau) die des Wettbewerbers (grau) übertrifft, sind Stärken. Wo sie darunter liegt, zeigen sich Schwächen.
Übungsfragen
Übungsfragen: SWOT intern
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