Preiskalkulation im Handel
Die Preiskalkulation ist der Prozess der Bestimmung des Verkaufspreises für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Im Handel ist dies ein komplexer Prozess, der verschiedene Kosten, gewünschte Margen und die Wettbewerbssituation berücksichtigt. Eine präzise Preiskalkulation ist entscheidend für die Rentabilität des Unternehmens.
Grundlagen der Preiskalkulation: Die grundlegende Formel der Preiskalkulation lautet: Verkaufspreis = Einkaufspreis + Gemeinkostenanteil + Gewinnmarge
- Einkaufspreis: Der Preis, den der Händler für den Bezug der Ware vom Lieferanten zahlt.
- Gemeinkostenanteil: Der Anteil der Fixkosten (z.B. Miete, Gehälter, Energiekosten, Marketingkosten), der auf das einzelne Produkt umgelegt werden muss.
- Gewinnmarge: Der gewünschte Aufschlag, der den Gewinn des Händlers darstellt.
Methoden der Preiskalkulation:
- Kostenorientierte Preiskalkulation (Cost-Plus Pricing):
- Definition: Der Verkaufspreis wird durch Addition eines Aufschlags (Marge) auf die Kosten des Produkts ermittelt. Dies ist die einfachste und häufigste Methode.
- Berechnung: Einstandspreis + Gemeinkosten + Gewinnzuschlag = Verkaufspreis
- Vorteile: Einfachheit, Sicherstellung der Kostendeckung.
- Nachteile: Ignoriert Nachfrage und Wettbewerb, kann zu überhöhten oder zu niedrigen Preisen führen.
- Anwendung im Handel: Oft als Ausgangspunkt für die Preisbildung, insbesondere bei Produkten mit geringer Differenzierung oder hohem Wettbewerb.
- Wettbewerbsorientierte Preiskalkulation (Competitor-Based Pricing):
- Definition: Die Preise werden primär an den Preisen der Wettbewerber ausgerichtet. Das Unternehmen kann Preise unter, auf oder über dem Niveau der Konkurrenz festlegen.
- Maßnahmen:
- Preisführer: Setzt die Preise fest, denen andere folgen.
- Preisfolger: Passt Preise an den Preisführer an.
- Preiskämpfer: Unterbietet systematisch die Preise der Konkurrenz.
- Vorteile: Schnelle Reaktion auf den Markt, Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.
- Nachteile: Gefahr von Preiskämpfen, die Margen erodieren, Fokus auf Wettbewerb statt auf Kundenwert oder Kosten.
- Anwendung im Handel: Sehr verbreitet, insbesondere im Online-Handel durch Preissuchmaschinen, aber auch im stationären Handel (z.B. Dauertiefpreise im Baumarkt, Anpassung an Prospektangebote der Konkurrenz).
- Nachfrageorientierte Preiskalkulation (Value-Based Pricing / Customer-Based Pricing):
- Definition: Die Preise werden auf Basis des wahrgenommenen Wertes des Produkts oder der Dienstleistung durch den Kunden festgelegt, nicht primär auf Basis der Kosten oder Wettbewerberpreise. Das Unternehmen versucht, den maximalen Preis zu erzielen, den der Kunde bereit ist zu zahlen.
- Vorteile: Maximierung der Gewinnmargen, stärkere Kundenorientierung, Förderung von Innovationen.
- Nachteile: Schwierige Ermittlung des wahrgenommenen Wertes, erfordert tiefes Kundenverständnis.
- Anwendung im Handel: Bei differenzierten Produkten, Nischenprodukten, Luxusgütern oder Produkten mit hohem emotionalen Wert. Auch bei Dienstleistungen wie persönlicher Beratung oder exklusivem Lieferservice.
- Psychologische Preiskalkulation:
- Definition: Preise werden so festgelegt, dass sie psychologisch ansprechend wirken und die Kaufentscheidung positiv beeinflussen.
- Beispiele:
- Schwellenpreise: Preise knapp unter einer runden Zahl (z.B. 9,99 € statt 10,00 €), um den Eindruck eines niedrigeren Preises zu erwecken.
- Prestige-Preise: Hohe Preise, um Exklusivität und Qualität zu signalisieren (z.B. 999 € für ein Designerstück).
- Referenzpreise: Nutzung von Vergleichspreisen, um den eigenen Preis attraktiver erscheinen zu lassen (z.B. "statt 19,99 € jetzt 14,99 €").
- Anwendung im Handel: Überall im Einzelhandel zu finden, um die Kaufbereitschaft zu erhöhen.
Die Wahl der geeigneten Preiskalkulationsmethode hängt von der Produktkategorie, der Marktpositionierung und den strategischen Zielen des Handelsunternehmens ab. Oft wird eine Kombination verschiedener Methoden angewendet.
Infografik
Die Kunst der Preiskalkulation im Handel
Der entscheidende Faktor für die Rentabilität
Eine präzise Preiskalkulation ist das Fundament jedes erfolgreichen Handelsunternehmens. Sie ist ein komplexer Prozess, der Kosten, Margen und die Marktsituation in Einklang bringen muss. Die Wahl der richtigen Methode entscheidet über Gewinn oder Verlust.
Vier zentrale Kalkulationsmethoden
🧮Kostenorientiert
Der einfachste Weg: Auf die Kosten wird ein fester Aufschlag addiert. Dies sichert die Kostendeckung, ignoriert aber den Markt.
Vorteil: Simpel & sicher.
Nachteil: Ignoriert Nachfrage & Wettbewerb.
⚔️Wettbewerbsorientiert
Die Preise der Konkurrenz geben den Ton an. Man agiert als Preisführer, -folger oder -kämpfer, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Vorteil: Hohe Marktrelevanz.
Nachteil: Gefahr von ruinösen Preiskämpfen.
💡Nachfrageorientiert
Der Preis richtet sich nach dem, was der Kunde bereit ist zu zahlen (wahrgenommener Wert). Maximiert die Marge, erfordert aber tiefes Kundenverständnis.
Vorteil: Gewinnmaximierung.
Nachteil: Wertschätzung schwer zu ermitteln.
🧠Psychologisch
Preise werden so gestaltet, dass sie ansprechender wirken. Schwellenpreise wie 9,99€ oder hohe Prestige-Preise beeinflussen die Kaufentscheidung.
Vorteil: Steigert die Kaufbereitschaft.
Nachteil: Kann bei Übernutzung an Wirkung verlieren.
Methoden in der visuellen Analyse
Aufbau des Verkaufspreises (Kostenorientiert)
Diese Grafik zerlegt einen fiktiven Verkaufspreis von 100€. Der größte Teil entfällt auf den Einkauf der Ware, gefolgt von den Gemeinkosten. Die Gewinnmarge stellt den tatsächlichen Profit dar.
Preispositionierung im Wettbewerb
Hier sehen Sie, wie sich der Preis eines Händlers im Vergleich zu verschiedenen Wettbewerbern positionieren kann. Während der Preisführer den höchsten Preis setzt, unterbietet der Preiskämpfer aggressiv.
