Distributionspolitik (Standortpolitik und physische Distribution)
Die Distributionspolitik im Handelsmarketing umfasst alle Entscheidungen und Maßnahmen, die den Weg des Produkts vom Hersteller zum Endkunden bzw. vom Warenlager des Händlers zum Kunden gestalten. Sie ist ein entscheidender Bestandteil des Marketing-Mixes und maßgeblich für den Erfolg eines Handelsunternehmens verantwortlich. Eine effiziente Distributionspolitik stellt sicher, dass die richtigen Produkte zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Menge verfügbar sind. Im Handel gliedert sie sich hauptsächlich in zwei Kernbereiche: die Standortpolitik und die physische Distribution (Logistik).
Bedeutung der Distributionspolitik im Handel:
- Kundenzufriedenheit: Eine optimale Verfügbarkeit der Produkte und eine bequeme Erreichbarkeit des Handelsstandortes tragen maßgeblich zur Kundenzufriedenheit bei.
- Wettbewerbsvorteil: Ein gut gewählter Standort und eine effiziente Logistik können einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen und zur Differenzierung vom Wettbewerb beitragen.
- Umsatzgenerierung: Eine hohe Kundenfrequenz am Standort oder eine schnelle Lieferfähigkeit im Online-Handel wirken sich direkt auf den Umsatz aus.
- Kostenmanagement: Eine optimierte physische Distribution kann Lager- und Transportkosten erheblich senken.
- Markenimage: Die Erreichbarkeit und das Einkaufserlebnis am Standort prägen das Image des Händlers.
Standortwahl und -analyse (Makro- und Mikrostandort)
Die Standortwahl ist eine der fundamentalsten und langfristig wirksamsten Entscheidungen im Handelsmarketing. Ein einmal gewählter Standort ist nur schwer und mit hohen Kosten zu ändern. Die Analyse der Standortfaktoren erfolgt in der Regel auf zwei Ebenen: der Makrostandortanalyse und der Mikrostandortanalyse.
Makrostandortanalyse
Die Makrostandortanalyse befasst sich mit der Auswahl einer Region, Stadt oder eines Stadtteils und betrachtet die generellen Rahmenbedingungen und das weitere Umfeld. Hierbei werden übergeordnete Faktoren untersucht, die das Potenzial eines größeren geografischen Gebietes bestimmen.
- Demographische Faktoren:
- Einwohnerzahl und -entwicklung: Ein hohes und stabiles Bevölkerungswachstum deutet auf ein wachsendes Kundenpotenzial hin.
- Altersstruktur: Die Verteilung der Altersgruppen ist entscheidend, da sie die Nachfrage nach bestimmten Sortimenten beeinflusst (z.B. junge Familien, Senioren).
- Haushaltsgrößen und -strukturen: Single-Haushalte haben andere Bedürfnisse als Familien.
- Kaufkraftpotenzial: Das durchschnittliche verfügbare Einkommen der Haushalte in der Region ist ein Indikator für die Ausgabenbereitschaft und das Umsatzpotenzial.
- Wirtschaftliche Faktoren:
- Wirtschaftsstruktur und Branchenmix: Eine vielfältige Wirtschaftsstruktur mit stabilen Arbeitsplätzen sichert die Kaufkraft.
- Arbeitsplatzdichte: Eine hohe Dichte an Arbeitsplätzen kann zu einer erhöhten Tagesfrequenz führen (z.B. Geschäfte in Bürovierteln).
- Mietniveau und Immobilienpreise: Diese Faktoren beeinflussen die Betriebskosten erheblich und sind entscheidend für die Wirtschaftlichkeit.
- Wettbewerbsfaktoren:
- Analyse der Wettbewerbsintensität: Wie viele und welche Art von direkten (gleiches Sortiment) und indirekten (Substitutionsprodukte) Wettbewerbern sind bereits in der Region präsent?
- Stärken und Schwächen der Wettbewerber: Wo können eigene Alleinstellungsmerkmale etabliert werden?
- Existierende Handelsagglomerationen: Befinden sich bereits Einkaufszentren, Fachmarktzentren oder etablierte Einkaufsstraßen in der Region, die Kunden anziehen?
- Infrastrukturelle Faktoren:
- Verkehrsanbindung (Straße, Bahn, ÖPNV): Eine gute Erreichbarkeit mit verschiedenen Verkehrsmitteln ist entscheidend für die Kundenfrequenz.
- Parkmöglichkeiten: Ausreichende und gut zugängliche Parkplätze sind insbesondere für Kunden, die mit dem Pkw kommen, von großer Bedeutung.
- Logistische Anbindung: Für die Warenanlieferung sind gut ausgebaute Straßen und ggf. Nähe zu Logistikzentren wichtig.
- Rechtliche und politische Faktoren:
- Bauplanungsrecht und Bebauungspläne: Gibt es Beschränkungen für die Größe, Art oder Nutzung von Handelsflächen?
- Genehmigungsverfahren: Wie komplex sind die Genehmigungsprozesse für Neuansiedlungen?
- Subventionen und Förderprogramme: Gibt es staatliche oder kommunale Anreize für Handelsansiedlungen?
- Soziokulturelle Faktoren:
- Einstellung der Bevölkerung zum Einzelhandel: Gibt es eine ausgeprägte Einkaufskultur?
- Lokale Traditionen und Events: Diese können zusätzliche Kundenfrequenz schaffen.
Mikrostandortanalyse
Die Mikrostandortanalyse konzentriert sich auf die spezifische Lage innerhalb eines ausgewählten Makrostandortes – also die genaue Adresse oder das Grundstück. Hier werden die unmittelbare Umgebung und die direkten Einflussfaktoren auf das Ladenlokal bewertet.
- Faktoren der Standortwahl (Kundenfrequenz, Erreichbarkeit, Wettbewerb):
- Kundenfrequenz (Laufkundschaft):
- Passantenfrequenz: Wie viele potenzielle Kunden gehen täglich am Standort vorbei? Dies ist besonders wichtig für Spontankäufe und Geschäfte des täglichen Bedarfs.
- Frequenzbringer in der Nähe: Gibt es Anziehungspunkte wie U-Bahn-Stationen, Bushaltestellen, Schulen, Büros, Arztpraxen, öffentliche Einrichtungen oder andere stark frequentierte Geschäfte (z.B. Supermärkte, Drogerien), die zusätzliche Laufkundschaft generieren?
- Sichtbarkeit und Erkennbarkeit: Ist das Geschäft gut sichtbar und leicht zu finden? Wie ist die Orientierung am Standort?
- Erreichbarkeit:
- Anbindung an Hauptverkehrsadern: Ist das Geschäft leicht mit dem Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen?
- Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe: Ausreichende und kostengünstige Parkplätze für Kunden und Lieferanten.
- Barrierefreiheit: Ist der Zugang für alle Kundengruppen (z.B. Rollstuhlfahrer, Kinderwagen) gewährleistet?
- Wettbewerb im direkten Umfeld:
- Nachbarschaftsbeziehung zu direkten Wettbewerbern: Wie nah sind Konkurrenten gelegen? Handelt es sich um eine Wettbewerbsagglomeration (z.B. „Möbelmeile“) oder einen isolierten Standort?
- Ergänzende Geschäfte (Komplementärbetriebe): Gibt es Geschäfte in der Nähe, die das eigene Sortiment sinnvoll ergänzen und Kunden anziehen, die auch potenzielle Käufer für das eigene Geschäft sind (z.B. Bekleidungsgeschäft neben Schuhgeschäft, Café neben Buchhandlung)?
- Ladenlage und Gebäude:
- Ebenerdiger Zugang oder Ober-/Untergeschoss: Ein ebenerdiger Zugang ist meist vorteilhafter.
- Schaufensterfront und Gestaltungsmöglichkeiten: Größe und Attraktivität der Schaufensterfläche zur Warenpräsentation.
- Zustand und Flexibilität des Gebäudes: Passen die Räumlichkeiten zu den Anforderungen des Handelskonzepts (Größe, Aufteilung, technischer Zustand)?
- Mietkosten und Nebenkosten: Direkte Kosten des Standortes.
- Image des Standortes/Viertels: Entspricht das Image der direkten Umgebung dem gewünschten Markenimage des Handelsunternehmens? Ein Modeboutique wird eher in einem schicken Viertel erfolgreich sein.
- Kundenfrequenz (Laufkundschaft):
Die sorgfältige und umfassende Analyse dieser Faktoren ist entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Handelsunternehmens, da der Standort maßgeblich die Kundenfrequenz, die Erreichbarkeit der Zielgruppe und letztlich den Umsatz beeinflusst.
Infografik
Distributionspolitik im Handelsmarketing
Eine visuelle Analyse der entscheidenden Faktoren für die Wahl des perfekten Standorts.
Die strategische Bedeutung der Distributionspolitik
Eine durchdachte Distributionspolitik ist mehr als nur Logistik. Sie ist ein entscheidender Hebel für den Unternehmenserfolg und beeinflusst direkt Kundenzufriedenheit, Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität.
Kundenzufriedenheit
Optimale Verfügbarkeit und bequeme Erreichbarkeit schaffen loyale Kunden.
Wettbewerbsvorteil
Ein Top-Standort und effiziente Logistik heben Sie von der Konkurrenz ab.
Umsatzgenerierung
Hohe Frequenz am Standort und schnelle Lieferung steigern den Umsatz direkt.
Kostenmanagement
Optimierte Logistik senkt Lager- und Transportkosten signifikant.
Markenimage
Das Einkaufserlebnis und die Erreichbarkeit prägen das Bild Ihrer Marke.
Der Analyseprozess: Vom Großen ins Kleine
Die Standortwahl ist eine langfristige, strategische Entscheidung. Sie erfolgt in zwei aufeinander aufbauenden Phasen, die sicherstellen, dass sowohl das übergeordnete Umfeld als auch die direkte Lage optimal zum Konzept passen.
Fundamentale Standortwahl
1. Makrostandortanalyse
Analyse der Region, Stadt oder des Stadtteils.
2. Mikrostandortanalyse
Bewertung der exakten Adresse und des direkten Umfelds.
Phase 1: Die Makrostandortanalyse
In dieser Phase wird das Potenzial einer größeren geografischen Region bewertet. Es geht darum, die allgemeinen Rahmenbedingungen zu verstehen, die den langfristigen Erfolg beeinflussen.
Demographische Schlüsselfaktoren
Die Bevölkerungsstruktur ist die Basis des Kundenpotenzials. Eine hohe Kaufkraft und eine wachsende Bevölkerung sind ideale Voraussetzungen.
Wirtschafts- & Wettbewerbsprofil
Ein idealer Makrostandort bietet eine stabile Wirtschaft, moderate Mieten und ein gesundes Wettbewerbsumfeld, das Synergien ermöglicht.
Phase 2: Die Mikrostandortanalyse
Nach der Auswahl der Region folgt die Detailanalyse. Hier zählt die unmittelbare Umgebung: Wie viele potenzielle Kunden passieren das Geschäft und wie gut ist es erreichbar?
Treiber der Kundenfrequenz
Die Laufkundschaft ist der Motor vieler Geschäfte. "Frequenzbringer" wie ÖPNV-Haltestellen oder Supermärkte in der Nähe sind Gold wert.
Analyse von Erreichbarkeit & Umfeld
Die Balance zwischen guter Erreichbarkeit, Parkmöglichkeiten und einem komplementären Geschäftsumfeld ist entscheidend für den Erfolg.
Übungsfragen
Übungsaufgaben: Distributionspolitik im Handel
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