Die Kunst der Positionierung im Einzelhandel + Übungsfragen
August 24, 2025Wettbewerbsstrategien + Übungsfragen
August 24, 2025Handelsmarketingstrategien
Handelsmarketingstrategien sind die langfristigen Pläne und Ansätze, die ein Handelsunternehmen verfolgt, um seine übergeordneten Marketingziele zu erreichen und einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil im Markt zu erzielen. Sie basieren auf den Erkenntnissen der Situationsanalyse (interne Stärken/Schwächen, externe Chancen/Risiken) und der getroffenen Entscheidungen bezüglich Marktsegmentierung, Zielgruppenwahl und Positionierung. Diese Strategien legen die grundlegende Richtung fest, wie das Unternehmen im Wettbewerb agieren und wachsen will.
Handelsmarketingstrategien sind von entscheidender Bedeutung, da sie:
- Ressourcenallokation steuern: Sie leiten die Verteilung von finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen.
- Konsistenz schaffen: Sie sorgen für eine kohärente Ausrichtung aller Marketingaktivitäten.
- Wettbewerbsvorteile aufbauen: Sie definieren, wie sich das Unternehmen von der Konkurrenz abheben und langfristig erfolgreich sein kann.
- Anpassungsfähigkeit fördern: Sie ermöglichen es dem Unternehmen, auf Veränderungen im Marktumfeld flexibel zu reagieren.
Die Entwicklung von Handelsmarketingstrategien ist ein iterativer Prozess, der eine ständige Überprüfung und Anpassung erfordert.
Wachstumsstrategien (z.B. Ansoff-Matrix
Wachstumsstrategien sind ein zentraler Bestandteil der Handelsmarketingstrategien. Sie beschreiben die verschiedenen Wege, auf denen ein Handelsunternehmen seinen Umsatz und Marktanteil steigern kann. Eine der bekanntesten und am häufigsten verwendeten Modelle zur Klassifizierung von Wachstumsstrategien ist die Ansoff-Matrix, auch bekannt als Produkt-Markt-Matrix, entwickelt von Igor Ansoff. Sie unterscheidet vier grundlegende Strategien basierend auf der Kombination von neuen oder bestehenden Produkten und Märkten.
Die Matrix hilft Unternehmen, das Risiko und die Potenziale verschiedener Wachstumsoptionen zu bewerten.
- Marktdurchdringung (Market Penetration)
- Definition: Diese Strategie konzentriert sich auf den Verkauf bestehender Produkte in bestehenden Märkten. Ziel ist es, den Marktanteil in den aktuellen Segmenten zu erhöhen.
- Maßnahmen im Handel:
- Intensivierung der Marketingaktivitäten: Erhöhung von Werbung und Verkaufsförderung, um mehr Kunden zum Kauf zu bewegen oder die Kauffrequenz zu steigern.
- Preisanpassungen: Aggressive Preisstrategien, Rabatte, Sonderangebote, um Wettbewerber zu unterbieten oder Kunden zum Mehrkauf anzuregen.
- Verbesserung der Vertriebseffizienz: Optimierung der Ladenplatzierung, bessere Warenpräsentation, Verbesserung des Kundenservices, um das Einkaufserlebnis zu steigern.
- Kundenbindungsprogramme: Stärkung der Loyalität bestehender Kunden.
- Risiko: Gering (da bestehende Produkte und Märkte bekannt sind).
- Beispiel im Handel:
- Ein Supermarkt führt eine "2 für 1"-Aktion für ein beliebtes Produkt durch, um den Absatz bei bestehenden Kunden zu steigern.
- Ein Elektronikfachmarkt startet eine große Werbekampagne für seine aktuellen Smartphone-Modelle, um mehr Kunden in seine Filialen zu locken und den Umsatz zu erhöhen.
- Eine Drogeriekette optimiert die Platzierung von Impulsprodukten an der Kasse, um den durchschnittlichen Bonwert zu erhöhen.
- Marktentwicklung (Market Development)
- Definition: Bei dieser Strategie werden bestehende Produkte in neue Märkte eingeführt. Dies kann die Erschließung neuer geografischer Märkte oder neuer Kundensegmente bedeuten.
- Maßnahmen im Handel:
- Geografische Expansion: Eröffnung neuer Filialen in bisher unerschlossenen Regionen oder Städten.
- Internationale Expansion: Eintritt in ausländische Märkte (z.B. durch Franchising, Joint Ventures oder eigene Filialen/Online-Shops).
- Erschließung neuer Kundensegmente: Ansprache bisher nicht bedienter Zielgruppen mit dem bestehenden Sortiment (z.B. ein Modehändler, der bisher nur junge Erwachsene ansprach, erweitert seine Marketingaktivitäten, um auch ältere Zielgruppen zu erreichen).
- Nutzung neuer Vertriebskanäle: Einführung eines Online-Shops für einen bisher rein stationären Händler oder umgekehrt.
- Risiko: Mittel (neue Märkte sind mit Unsicherheiten verbunden).
- Beispiel im Handel:
- Eine regionale Bäckereikette eröffnet Filialen in einer benachbarten Stadt, in der sie bisher nicht präsent war.
- Ein stationärer Buchhändler startet einen Online-Shop, um Kunden bundesweit zu erreichen.
- Ein Discounter, der bisher nur in Deutschland aktiv war, expandiert nach Frankreich.
- Produktentwicklung (Product Development)
- Definition: Diese Strategie beinhaltet die Entwicklung und Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen für bestehende Märkte und Zielgruppen. Das Ziel ist es, den Umsatz bei den aktuellen Kunden durch ein erweitertes oder verbessertes Angebot zu steigern.
- Maßnahmen im Handel:
- Einführung neuer Eigenmarken: Entwicklung und Vermarktung eigener Produkte (z.B. Bio-Linien, Premium-Linien).
- Erweiterung des Sortiments: Aufnahme neuer Warengruppen oder Artikel, die bisher nicht angeboten wurden.
- Verbesserung bestehender Produkte/Services: Überarbeitung von Eigenmarken, Einführung neuer Dienstleistungen (z.B. Lieferservice, Click & Collect, Reparaturdienste).
- Kooperationen mit Lieferanten: Gemeinsame Entwicklung exklusiver Produkte.
- Risiko: Mittel (Entwicklung neuer Produkte ist oft kostspielig und risikoreich).
- Beispiel im Handel:
- Ein Supermarkt führt eine neue Linie von veganen Fertiggerichten unter seiner Eigenmarke ein, um den wachsenden Bedarf seiner bestehenden Kunden zu decken.
- Ein Elektrofachmarkt bietet neben dem Verkauf von Geräten nun auch Installations- und Reparaturservices an.
- Eine Drogeriekette entwickelt eine neue Kosmetiklinie, die auf natürliche Inhaltsstoffe setzt und ihre bestehende, umweltbewusste Kundschaft anspricht.
- Diversifikation (Diversification)
- Definition: Die risikoreichste Strategie, bei der neue Produkte in neuen Märkten eingeführt werden. Hierbei betritt das Unternehmen Neuland, sowohl hinsichtlich des Angebots als auch der Zielgruppe/des Marktes.
- Maßnahmen im Handel:
- Verwandte Diversifikation: Eintritt in Märkte, die eine gewisse Synergie mit dem Kerngeschäft aufweisen (z.B. ein Lebensmittelhändler eröffnet eine eigene Restaurantkette oder bietet Catering an).
- Unverwandte Diversifikation: Eintritt in völlig neue, branchenfremde Märkte (eher selten und sehr risikoreich für Handelsunternehmen).
- Risiko: Hoch (da sowohl Produkt als auch Markt neu sind und das Unternehmen wenig Erfahrung hat).
- Beispiel im Handel:
- Ein großer Modehändler investiert in ein Technologie-Startup, das eine neue E-Commerce-Plattform entwickelt.
- Ein Supermarktbetreiber steigt in das Geschäft mit Fitnessstudios ein.
- Ein Baumarkt beginnt mit der Produktion und dem Verkauf von Fertighäusern.
Die Ansoff-Matrix ist ein wertvolles Instrument, um Wachstumsoptionen systematisch zu bewerten und eine fundierte strategische Entscheidung zu treffen, die zum Risikoprofil und den Zielen des Handelsunternehmens passt.
Infografik
Handelsmarketingstrategien
Ein visueller Leitfaden zu Wachstumsstrategien mit der Ansoff-Matrix
Ressourcenallokation
Effiziente Steuerung von finanziellen und personellen Mitteln.
Konsistenz
Schaffung einer kohärenten Ausrichtung aller Marketingaktivitäten.
Wettbewerbsvorteil
Definition, wie sich das Unternehmen von der Konkurrenz abhebt.
Anpassungsfähigkeit
Flexible Reaktion auf Veränderungen im Marktumfeld.
Die Ansoff-Matrix
Ein strategisches Werkzeug zur Planung von Wachstumsstrategien durch die Analyse von Produkten und Märkten.
Marktdurchdringung
(Geringes Risiko)
Produktentwicklung
(Mittleres Risiko)
Marktentwicklung
(Mittleres Risiko)
Diversifikation
(Hohes Risiko)
Marktdurchdringung
Fokus auf den Verkauf bestehender Produkte in bestehenden Märkten, um den Marktanteil zu erhöhen. Dies ist die risikoärmste Strategie.
- Intensivierung von Marketing & Werbung
- Aggressive Preisstrategien und Rabatte
- Optimierung der Warenpräsentation
- Kundenbindungsprogramme
Marktentwicklung
Einführung bestehender Produkte in neue Märkte. Dies kann neue geografische Regionen oder neue Kundensegmente umfassen.
- Geografische Expansion (neue Filialen)
- Eintritt in internationale Märkte
- Ansprache neuer Zielgruppen
- Nutzung neuer Vertriebskanäle (z.B. Online-Shop)
Produktentwicklung
Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen für bestehende Märkte, um den Umsatz bei der aktuellen Kundschaft zu steigern.
- Einführung von Eigenmarken (Bio, Premium)
- Erweiterung des Sortiments
- Neue Dienstleistungen (Lieferservice, Click & Collect)
- Kooperationen mit Lieferanten für exklusive Produkte
Diversifikation
Die risikoreichste Strategie, bei der neue Produkte in völlig neuen Märkten eingeführt werden. Das Unternehmen betritt komplettes Neuland.
- Verwandte Diversifikation (z.B. Restaurantkette)
- Unverwandte Diversifikation (z.B. Fitnessstudios)
- Investition in branchenfremde Startups
Risikovergleich der Strategien
Jede Wachstumsstrategie birgt ein unterschiedliches Maß an Risiko. Die Marktdurchdringung ist am sichersten, während die Diversifikation das höchste Risiko darstellt.