Risikolandschaft und strategisches Management
Internationale Geschäfte sind naturgemäß mit höheren und komplexeren Risiken behaftet als rein nationale Transaktionen. Ein systematisches Risikomanagement ist daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit für nachhaltigen Erfolg.
Analyse der zentralen Risiken
Die Risiken im Außenhandel lassen sich in mehrere Hauptkategorien unterteilen, die oft miteinander verknüpft sind:
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Politische Risiken (Länderrisiko): Resultieren aus staatlichem Handeln oder politischer Instabilität. Dazu gehören Kriege, Unruhen, Streiks, aber auch unvorhersehbare Maßnahmen wie Handelsembargos, Sanktionen, Zahlungsverbote (Moratorien) oder die willkürliche Beschlagnahmung von Waren. Ein Konvertierungs- oder Transferrisiko liegt vor, wenn die Regierung den Umtausch oder die Ausfuhr von Devisen beschränkt.
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Wirtschaftliche Risiken (Delkredererisiko): Dies ist das klassische Risiko der Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) oder Zahlungsunwilligkeit des Geschäftspartners. Im internationalen Kontext ist dieses Risiko oft schwerer zu bewerten und rechtlich komplizierter durchzusetzen.
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Rechtliche Risiken: Geschäfte über Grenzen hinweg unterliegen unterschiedlichen Rechtssystemen. Unklare Vertragsgrundlagen, sich ändernde Vorschriften (z.B. im Zoll-, Steuer- oder Produktsicherheitsrecht) und die schwierige Rechtsdurchsetzung im Ausland stellen ein erhebliches Risiko dar.
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Transportrisiko: Auf den langen Transportwegen kann die Ware beschädigt, gestohlen, zerstört oder durch ungeeignete Lagerung unbrauchbar werden. Auch erhebliche Verzögerungen können zu Vertragsstrafen führen.
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Weitere Risiken: Dazu zählen interkulturelle Missverständnisse, Qualitätsrisiken oder Risiken durch höhere Gewalt wie Naturkatastrophen oder Pandemien.
Währungsrisiken und die Grundlagen des Hedgings
Wechselkursschwankungen können die Profitabilität eines Geschäfts maßgeblich beeinflussen. Das Währungsrisiko bezeichnet die Gefahr von finanziellen Verlusten durch unvorhergesehene Änderungen des Wechselkurses zwischen Vertragsabschluss und Zahlungseingang.
Zur Absicherung (Hedging) gibt es mehrere Methoden:
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Vertragliche Absicherung: Die einfachste Methode ist die Fakturierung in der eigenen Währung (z.B. Euro) oder die Vereinbarung von Kurssicherungsklauseln im Vertrag.
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Finanzinstrumente: Die gängigsten Instrumente sind Devisentermingeschäfte, bei denen ein zukünftiger Wechselkurs heute fixiert wird, und Devisenoptionen, die das Recht, aber nicht die Pflicht zum Kauf/Verkauf einer Währung zu einem festgelegten Kurs geben.
Strategisches Risikomanagement: Identifikation, Bewertung und Steuerung
Ein professionelles Risikomanagement ist ein systematischer Prozess in drei Phasen:
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Risikoidentifikation: Welche konkreten Risiken sind für das spezifische Geschäft relevant?
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Risikobewertung: Wie hoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit und der potenzielle Schaden?
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Risikosteuerung: Maßnahmen ergreifen, z.B. Risiko vermeiden, vermindern, überwälzen (durch Versicherungen) oder bewusst selbst tragen.
Die Überwälzung von Risiken auf Dritte ist eine zentrale Strategie. Wichtige Instrumente dafür sind die Transportversicherung, die Kreditversicherung (gegen Forderungsausfall) und staatliche Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen), die Exporteure gegen wirtschaftlich und politisch bedingte Zahlungsausfälle absichern.
Risikoart |
Konkrete Ausprägung |
Primäres Absicherungsinstrument |
Vertragliche Gestaltungsmöglichkeit |
Wirtschaftliches Risiko |
Insolvenz / Nichtzahlung (Delkredererisiko) |
Kreditversicherung, Hermesdeckung |
Dokumentenakkreditiv, Vorauszahlung |
Politisches Risiko |
Krieg, Embargo, Beschlagnahme |
Hermesdeckung |
Klauseln zu höherer Gewalt |
Transfer- & Konvertierungsrisiko |
Staatliche Devisenbeschränkungen |
Hermesdeckung |
Fakturierung in Hartwährung (z.B. EUR) |
Transportrisiko |
Beschädigung, Verlust, Diebstahl |
Transportversicherung |
Wahl einer geeigneten Incoterms®-Klausel |
Währungsrisiko |
Ungünstige Wechselkursschwankungen |
Devisentermingeschäft, Devisenoption |
Fakturierung in eigener Währung |
Moderne Zielkonflikte: Nachhaltigkeit, Resilienz vs. Effizienz
Das klassische Zielsystem des Außenhandels, das primär auf Effizienz und Kostenminimierung ausgerichtet war, wird zunehmend durch neue Ziele erweitert:
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Nachhaltigkeit vs. Rendite: Der Druck, nachhaltig zu wirtschaften, wächst. Nachhaltigere Optionen können kurzfristig teurer sein, stärken aber langfristig den Markenwert.
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Effizienz vs. Resilienz: Jahrzehntelang wurden Lieferketten auf maximale Effizienz (z.B. Just-in-Time) optimiert. Jüngste Krisen zeigten ihre Anfälligkeit. Nun rückt die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) in den Fokus, z.B. durch Lieferantendiversifizierung oder höhere Lagerbestände, was aber mit höheren Kosten verbunden ist.
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Geopolitik und Handel: Der Außenhandel wird zunehmend zu einer geopolitischen Arena. Die Wahl von Handelspartnern und Produktionsstandorten muss heute auch politische Stabilität und geopolitische Risiken berücksichtigen.
Infografik
Risikolandschaft im Außenhandel
Internationale Geschäfte bieten enorme Chancen, sind aber mit komplexen Risiken behaftet. Ein systematisches Management ist der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg.
Analyse der zentralen Risiken
🏛️
Politische Risiken
Entstehen durch staatliches Handeln wie Embargos, Sanktionen oder politische Instabilität. Inklusive Transfer- & Konvertierungsrisiko.
💸
Wirtschaftliche Risiken
Das klassische Delkredererisiko: Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Geschäftspartners, oft schwerer durchsetzbar.
⚖️
Rechtliche Risiken
Resultieren aus unterschiedlichen Rechtssystemen, unklaren Verträgen und sich ändernden Vorschriften (Zoll, Steuern).
🚚
Transportrisiko
Beschädigung, Diebstahl, Verlust der Ware auf langen Transportwegen oder erhebliche Lieferverzögerungen.
💱
Währungsrisiken
Finanzielle Verluste durch unvorhergesehene Wechselkursschwankungen zwischen Vertragsabschluss und Zahlung.
🌪️
Weitere Risiken
Interkulturelle Missverständnisse, Qualitätsmängel oder Ereignisse höherer Gewalt wie Pandemien oder Naturkatastrophen.
Strategisches Management: Der 3-Phasen-Prozess
Risikoidentifikation
Welche konkreten Risiken sind für das spezifische Geschäft relevant?
Risikobewertung
Wie hoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit und der potenzielle Schaden?
Risikosteuerung
Maßnahmen ergreifen: vermeiden, vermindern, überwälzen oder selbst tragen.
Absicherungsinstrumente im Überblick
| Risikoart | Primäres Absicherungsinstrument | Vertragliche Gestaltung |
|---|---|---|
| Wirtschaftlich | Kreditversicherung, Hermesdeckung | Dokumentenakkreditiv, Vorauszahlung |
| Politisch | Hermesdeckung | Klauseln zu höherer Gewalt |
| Transfer & Konvertierung | Hermesdeckung | Fakturierung in Hartwährung (z.B. EUR) |
| Transport | Transportversicherung | Wahl einer Incoterms®-Klausel |
| Währung | Devisentermingeschäft, Devisenoption | Fakturierung in eigener Währung |
Moderne Zielkonflikte
Effizienz vs. Resilienz
Just-in-Time
Lagerbestand
Krisen erzwingen den Fokus weg von reiner Effizienz hin zu widerstandsfähigeren Lieferketten – oft zu höheren Kosten.
Nachhaltigkeit vs. Rendite
Kurzfristige Kosten
Markenwert
Nachhaltige Optionen können teurer sein, stärken aber langfristig die Reputation und den Markenwert des Unternehmens.
Geopolitik & Handel
Die Wahl von Handelspartnern ist zunehmend eine geopolitische Entscheidung, die Stabilität und politische Risiken berücksichtigen muss.
Übungsaufgaben
Übungsaufgaben: Risikomanagement im Außenhandel
Frage 1 von 10
