Kern-Sourcing-Strategien: Ein komparativer Überblick
Auf Basis der Marktanalyse und der unternehmensinternen Ziele muss der Einkauf eine grundlegende strategische Entscheidung über die Lieferantenbasis treffen. Jede Sourcing-Strategie hat spezifische Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen werden müssen.
Single Sourcing: Hierbei wird ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung bewusst von nur einem einzigen Lieferanten bezogen, obwohl mehrere Anbieter verfügbar wären. Diese Strategie ermöglicht den Aufbau sehr enger, partnerschaftlicher Beziehungen, führt durch hohe Abnahmemengen oft zu signifikanten Mengenrabatten und vereinfacht die logistischen und administrativen Prozesse erheblich. Der entscheidende Nachteil ist die hohe Abhängigkeit: Bei einem Ausfall des Lieferanten (z.B. durch Produktionsprobleme, Insolvenz oder Streiks) droht ein sofortiger Stillstand in der eigenen Versorgung.
Dual/Multiple Sourcing: Bei dieser Strategie wird ein Produkt von zwei (Dual Sourcing) oder mehreren (Multiple Sourcing) voneinander unabhängigen Lieferanten bezogen. Der Hauptvorteil liegt in der Risikominimierung und der erhöhten Flexibilität. Fällt ein Lieferant aus, kann ein anderer einspringen. Zudem fördert der Wettbewerb zwischen den Anbietern tendenziell niedrigere Preise und höhere Innovationsbereitschaft. Dem stehen jedoch ein höherer Management- und Koordinationsaufwand sowie potenziell geringere Mengenrabatte gegenüber.
Global Sourcing: Diese Strategie zielt auf die weltweite Beschaffung von Waren und Dienstleistungen ab, um von den jeweils günstigsten Konditionen auf dem globalen Markt zu profitieren. Vorteile sind oft erhebliche Kosteneinsparungen durch niedrigere Lohn- oder Materialkosten, der Zugang zu neuen Technologien und Ressourcen sowie ein breiteres Produktspektrum. Die Nachteile sind jedoch vielfältig: lange und komplexe Transportwege, höhere Logistikkosten, potenzielle Qualitätsunterschiede, Kommunikationsbarrieren durch Sprach- und Kulturunterschiede sowie erhebliche Risiken durch Währungsschwankungen und politische Instabilität in den Beschaffungsländern.
Local Sourcing: Als Gegenbewegung zum Global Sourcing fokussiert sich diese Strategie auf die Beschaffung bei regionalen oder nationalen Anbietern. Dies führt zu kürzeren Lieferzeiten, geringeren Transportkosten und einer einfacheren Qualitätskontrolle. Zudem kann es als Nachhaltigkeitsargument im Marketing positiv genutzt werden. Die Nachteile liegen in potenziell höheren Kosten, einer begrenzten Produktvielfalt und möglichen Problemen bei der Skalierung, wenn der lokale Markt die benötigten Mengen nicht liefern kann.
Modular Sourcing: Hierbei beschafft ein Unternehmen keine Einzelteile mehr, sondern ganze, vormontierte Module oder Baugruppen von einem spezialisierten Lieferanten. Dies reduziert die Komplexität im eigenen Haus, senkt die Prozesskosten und ermöglicht eine Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen, da die Fertigungstiefe sinkt. Gleichzeitig entsteht eine sehr hohe Abhängigkeit vom Modullieferanten, und es geht wertvolles Fertigungs-Know-how im eigenen Unternehmen verloren.
Infografik
Kern-Sourcing-Strategien
Ein komparativer Überblick zur strategischen Ausrichtung der Lieferantenbasis.
Abhängigkeit vs. Flexibilität
Die Wahl zwischen einem oder mehreren Lieferanten ist eine grundlegende Entscheidung. Single Sourcing fördert enge Partnerschaften und Effizienz, birgt aber ein hohes Ausfallrisiko. Multiple Sourcing minimiert dieses Risiko und erhöht die Flexibilität, erfordert jedoch einen höheren Managementaufwand.
Single Sourcing
Multiple Sourcing
Geografische Dimension: Global vs. Lokal
Die geografische Ausrichtung der Beschaffung stellt einen Kompromiss dar. Global Sourcing bietet erhebliche Kostenvorteile, ist aber mit langen Lieferketten und Währungsrisiken verbunden. Local Sourcing punktet mit kurzen Wegen und Nachhaltigkeit, kann aber teurer sein.
Integrationstiefe: Modular Sourcing
Beim Modular Sourcing werden ganze Baugruppen statt Einzelteilen bezogen. Dies reduziert die Komplexität und Prozesskosten drastisch, schafft aber eine starke Abhängigkeit vom Modullieferanten und führt zum Verlust von internem Fertigungs-Know-how.
Traditionell:
Modular:
Strategien im Direktvergleich
Diese Visualisierung positioniert die Sourcing-Strategien basierend auf dem Versorgungsrisiko und dem Managementaufwand. Die Größe der Blase repräsentiert das potenzielle Kosteneinsparungspotenzial – größere Blasen deuten auf höhere Einsparungen hin.
