Die operative Abwicklung von Außenhandelsgeschäften
Dieser Teil beschreibt die vertraglichen, finanziellen und dokumentarischen Prozesse, die ein internationales Geschäft begleiten.
Vertragsgestaltung und Lieferbedingungen: Die Incoterms® 2020
Die Incoterms® (International Commercial Terms) sind ein standardisiertes Regelwerk der Internationalen Handelskammer (ICC), um die Abwicklung internationaler Warengeschäfte zu vereinheitlichen. Sie regeln drei Hauptpunkte:
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Pflichtenverteilung: Wer organisiert und bezahlt Transport, Versicherung und Zoll?
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Kostenübergang: Wo gehen die Kosten vom Verkäufer auf den Käufer über?
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Gefahrenübergang: Wo geht das Risiko für Verlust oder Beschädigung der Ware über?
Die elf Klauseln werden in vier Gruppen eingeteilt:
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Gruppe E (Abholklausel): EXW (Ex Works). Minimale Verpflichtung für den Verkäufer; er stellt die Ware an seinem Standort bereit.
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Gruppe F (Absendeklauseln): FCA (Free Carrier), FAS (Free Alongside Ship), FOB (Free On Board). Der Verkäufer übergibt die Ware an einen vom Käufer benannten Frachtführer; der Käufer bezahlt den Haupttransport.
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Gruppe C (Absendeklauseln mit Kostenübernahme): CFR (Cost and Freight), CIF (Cost, Insurance and Freight), CPT (Carriage Paid To), CIP (Carriage, Insurance Paid To). Der Verkäufer bezahlt den Haupttransport, die Gefahr geht aber bereits im Absendeland auf den Käufer über.
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Gruppe D (Ankunftsklauseln): DAP (Delivered At Place), DPU (Delivered at Place Unloaded), DDP (Delivered Duty Paid). Maximale Verpflichtung für den Verkäufer; er trägt alle Kosten und Risiken bis zum Bestimmungsort.
Zahlungsabwicklung und -sicherung
Die Wahl der Zahlungsbedingung ist ein zentraler Punkt, der das Risiko zwischen den Parteien verteilt.
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Vorauszahlung/Anzahlung (Vorkasse): Sicherste Variante für den Exporteur, riskanteste für den Importeur.
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Zahlung gegen offene Rechnung (Clean Payment): Riskanteste Variante für den Exporteur, sicherste für den Importeur. Setzt großes Vertrauen voraus.
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Dokumenteninkasso: Ein Kompromiss. Die Bank des Importeurs händigt die zur Warenannahme berechtigenden Dokumente nur gegen Zahlung (D/P - documents against payment) oder Akzeptierung eines Wechsels (D/A - documents against acceptance) aus. Der Exporteur trägt das Risiko, dass der Importeur die Annahme der Dokumente verweigert.
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Dokumentenakkreditiv (Letter of Credit, L/C): Bietet die höchste Sicherheit. Es ist ein abstraktes, unwiderrufliches Zahlungsversprechen der Bank des Importeurs. Die Bank zahlt, wenn der Exporteur fristgerecht die exakt im Akkreditiv vorgeschriebenen, konformen Dokumente einreicht. Ein bestätigtes Akkreditiv fügt ein zusätzliches Zahlungsversprechen der Bank des Exporteurs hinzu und sichert auch gegen politische Risiken ab.
Zahlungsbedingung |
Risiko für Exporteur (Zahlungsausfall) |
Risiko für Importeur (Nicht-/Schlechtlieferung) |
Vorauszahlung (Vorkasse) |
Sehr Gering |
Sehr Hoch |
Zahlung auf Rechnung |
Sehr Hoch |
Sehr Gering |
Dokumenteninkasso |
Mittel |
Mittel |
Dokumentenakkreditiv |
Gering |
Gering |
Essenzielle Dokumente im Außenhandel
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Handelsrechnung (Commercial Invoice): Zentrales Dokument für die Zahlung und die wichtigste Unterlage für die Zollbehörden zur Berechnung der Einfuhrabgaben.
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Packliste (Packing List): Beschreibt die physische Beschaffenheit der Sendung, detailliert den Inhalt der einzelnen Packstücke und ist wichtig für Spediteur, Zoll und Empfänger.
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Ursprungszeugnis (Certificate of Origin): Weist den handelspolitischen (nichtpräferenziellen) Ursprung einer Ware nach. Es wird von der IHK ausgestellt und darf nicht mit einem Präferenznachweis (z.B. EUR.1) verwechselt werden, der Zollvorteile gewährt.
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Konnossement (Bill of Lading, B/L): Das wichtigste Dokument im Seefrachtverkehr. Es ist Empfangsbestätigung, Beweisurkunde für den Frachtvertrag und vor allem ein Traditionspapier (Wertpapier). Der rechtmäßige Inhaber des Original-Konnossements hat Anspruch auf die Ware, was es zu einem unverzichtbaren Sicherungsinstrument macht.
Infografik
Die operative Abwicklung von Außenhandelsgeschäften
Vom Vertrag bis zur Auslieferung: Ein visueller Leitfaden durch die vertraglichen, finanziellen und dokumentarischen Prozesse des internationalen Handels.
Die Grundlage: Incoterms® 2020
Die Incoterms® der ICC sind das globale Standardregelwerk, das klar definiert, wer im Handelsprozess für was verantwortlich ist: Pflichten, Kosten und Risiken.
Verantwortung entlang der Lieferkette
EXW
Ware am Werk
FCA, FAS, FOB
Übergabe an Frachtführer
CFR, CIF, CPT, CIP
Haupttransport bezahlt
DAP, DPU, DDP
Ankunft am Zielort
Von links nach rechts: Die Verpflichtung des Verkäufers nimmt zu, die des Käufers nimmt ab.
Die Absicherung: Zahlungsbedingungen
Die Wahl der Zahlungsbedingung ist ein Balanceakt. Sie verteilt das Risiko zwischen Exporteur (Zahlungsausfall) und Importeur (Nicht- oder Schlechtlieferung).
Risikoverteilung zwischen Exporteur und Importeur
Der Papierkrieg: Essenzielle Dokumente
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Handelsrechnung
Das Schlüsseldokument für Zahlung und Zoll zur Berechnung von Einfuhrabgaben.
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Packliste
Detailliert den physischen Inhalt der Sendung für Spediteur, Zoll und Empfänger.
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Ursprungszeugnis
Weist den handelspolitischen Ursprung einer Ware nach, ausgestellt von der IHK.
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Konnossement (B/L)
Wertpapier im Seefrachtverkehr; berechtigt den Inhaber zum Empfang der Ware.
Übungsaufgaben
Übungsaufgaben: Operative Abwicklung im Außenhandel
Frage 1 von 10