Betriebsverfassungsgesetz + Übungsaufgaben
August 31, 2025Das Arbeitszeugnis + Übungsaufgaben
August 31, 2025Beendigung von Arbeitsverhältnissen
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist rechtlich streng reglementiert, um den Arbeitnehmer zu schützen.
Kündigungsarten
- Ordentliche Kündigung: Beendet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfrist.
- Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Beendet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Sie ist nur aus einem "wichtigen Grund" gemäß § 626 BGB zulässig, d.h. wenn Tatsachen vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen (z.B. Diebstahl, Arbeitsverweigerung).
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Das KSchG bietet den zentralen Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Es ist anwendbar, wenn:
- der Betrieb in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt und
- das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat (Wartezeit).
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist.
Die drei Kündigungsgründe nach KSchG
Das Gesetz kennt drei Gründe, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können:
- Verhaltensbedingt: Der Grund liegt in einem steuerbaren, pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers (z.B. wiederholtes Zuspätkommen, Unfreundlichkeit gegenüber Kunden). Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert in der Regel eine vorherige, einschlägige Abmahnung, die dem Mitarbeiter sein Fehlverhalten aufzeigt und ihm die Konsequenz (Kündigung im Wiederholungsfall) androht.
- Personenbedingt: Der Grund liegt in den Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers, die er nicht steuern kann (z.B. langanhaltende Krankheit mit negativer Zukunftsprognose, Verlust der Fahrerlaubnis bei einem Fahrer).
- Betriebsbedingt: Die Kündigung erfolgt aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen (z.B. Filialschließung, Umsatzrückgang). Der Arbeitgeber muss hier eine Sozialauswahl unter den vergleichbaren Arbeitnehmern durchführen. Kriterien sind: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung.
Die folgende Checkliste fasst die wesentlichen prozessualen Schritte für eine rechtssichere verhaltensbedingte Kündigung zusammen.
Tabelle 2: Prozess-Checkliste für die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung
Schritt |
Maßnahme |
Rechtliche Grundlage / Wichtige Hinweise |
1. Sachverhaltsaufklärung |
Lückenlose und beweisbare Dokumentation des konkreten Fehlverhaltens (Was, Wann, Wo, Wer war Zeuge?). |
Die Beweislast für die Kündigungsgründe liegt beim Arbeitgeber. Dokumentation ist entscheidend für einen möglichen Kündigungsschutzprozess. |
2. Prüfung der Verhältnismäßigkeit |
Prüfung, ob eine (oder mehrere) einschlägige, wirksame Abmahnung als milderes Mittel bereits erfolgt und erfolglos geblieben ist. |
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Abmahnung muss das Fehlverhalten konkret benennen (Rügefunktion) und auf die Kündigungsgefahr hinweisen (Warnfunktion). |
3. Betriebsratsanhörung |
Detaillierte und vollständige Information des Betriebsrats über die Kündigungsabsicht, die Person des zu Kündigenden und die Kündigungsgründe. Fristsetzung für die Stellungnahme (eine Woche bei ordentlicher Kündigung). |
§ 102 BetrVG. Eine Kündigung ohne oder mit fehlerhafter Anhörung ist unwirksam. Der Arbeitgeber muss die Reaktion des Betriebsrats abwarten. |
4. Zugang der Kündigung |
Aushändigung des Kündigungsschreibens im Original an den Arbeitnehmer. Der Zugang muss nachweisbar sein. |
§ 623 BGB (Schriftformerfordernis mit Originalunterschrift). Nachweis z.B. durch persönliche Übergabe mit Zeugen oder Einwurfeinschreiben. |
5. Einhaltung der Kündigungsfrist |
Korrekte Berechnung der Kündigungsfrist. |
§ 622 BGB (gesetzliche Fristen, die sich mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit verlängern) oder vorrangige Regelungen im Tarifvertrag/Arbeitsvertrag. |
Form und Fristen
Jede Kündigung bedarf zwingend der Schriftform (§ 623 BGB), eine Kündigung per E-Mail oder mündlich ist unwirksam. Die gesetzlichen Kündigungsfristen für den Arbeitgeber verlängern sich mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers (§ 622 BGB).
Weitere Beendigungsgründe
- Aufhebungsvertrag: Eine zweiseitige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Vorteil: Kündigungsschutz und Fristen müssen nicht beachtet werden. Nachteil für den Arbeitnehmer: Mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
- Ablauf einer Befristung: Ein wirksam befristeter Arbeitsvertrag endet automatisch mit Zeitablauf.
- Anfechtung: Ein Arbeitsvertrag kann angefochten werden, wenn er z.B. durch arglistige Täuschung zustande kam.
Infografik
Der Weg zur rechtssicheren Kündigung
Ein visueller Leitfaden zum Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und den wesentlichen Schritten bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Fundament: Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Das KSchG ist der zentrale Schutzwall für Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Sein Schutz greift jedoch nur, wenn zwei wesentliche Voraussetzungen im Betrieb erfüllt sind.
Mehr als 10 Arbeitnehmer
Der Betrieb muss in der Regel mehr als zehn vollzeitäquivalente Arbeitnehmer beschäftigen.
Länger als 6 Monate beschäftigt
Das Arbeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters muss die sechsmonatige Wartezeit überschritten haben.
Sind beide Bedingungen erfüllt, muss jede ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein.
Die 3 Säulen der Rechtfertigung
Das Gesetz lässt nur drei Kategorien von Gründen zu, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können. Eine Kündigung muss sich eindeutig einem dieser Gründe zuordnen lassen, um vor Gericht Bestand zu haben.
- Verhaltensbedingt: Basiert auf einem steuerbaren, pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers.
- Personenbedingt: Liegt in den nicht steuerbaren Eigenschaften oder Fähigkeiten der Person.
- Betriebsbedingt: Ergibt sich aus dringenden betrieblichen Erfordernissen.
Verteilung der Kündigungsgründe
Prozess-Checkliste: Die verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert einen sorgfältig dokumentierten und rechtlich einwandfreien Prozess. Die folgenden fünf Schritte sind entscheidend für die Wirksamkeit.
Sachverhaltsaufklärung
Lückenlose und beweisbare Dokumentation des Fehlverhaltens. Die Beweislast liegt vollständig beim Arbeitgeber.
Verhältnismäßigkeitsprüfung
Prüfung, ob eine vorherige, einschlägige Abmahnung als milderes Mittel erfolgt ist. Die Abmahnung muss eine Rüge- und Warnfunktion erfüllen.
Betriebsratsanhörung (§ 102 BetrVG)
Vollständige Information des Betriebsrats über die Kündigungsabsicht und -gründe. Ohne korrekte Anhörung ist die Kündigung unwirksam.
Zugang der Kündigung
Das Kündigungsschreiben muss dem Arbeitnehmer nachweisbar und im Original mit Originalunterschrift zugehen (§ 623 BGB).
Einhaltung der Kündigungsfrist
Korrekte Berechnung und Einhaltung der gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Frist (§ 622 BGB).
Gesetzliche Kündigungsfristen
Die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitgeber verlängert sich mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers, wie in § 622 BGB festgelegt.
Weitere Beendigungsgründe
Neben der Kündigung gibt es weitere Wege, auf denen ein Arbeitsverhältnis enden kann.
Aufhebungsvertrag
Eine zweiseitige Vereinbarung, die das Verhältnis einvernehmlich beendet. Achtung: Kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen.
Ablauf einer Befristung
Ein wirksam befristeter Arbeitsvertrag endet automatisch zum vereinbarten Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Formvorschrift: Schriftform
Jede Kündigung und jeder Aufhebungsvertrag ist nur mit Originalunterschrift auf Papier gültig. Eine E-Mail oder mündliche Aussage ist unwirksam.