Rolle der Führungskraft + Übungsaufgaben
August 30, 2025Motivation und Vision + Übungsaufgaben
August 30, 2025Führungstheorien und -modelle (Prüfungsrelevante Vertiefung)
Führungstheorien bieten keine allgemeingültigen Rezepte, aber sie liefern wertvolle Modelle und Denkansätze, um das eigene Führungsverhalten zu reflektieren und situationsadäquat anzupassen.
Eigenschaftstheorien
Diese historisch ältesten Ansätze gehen davon aus, dass erfolgreiche Führung auf bestimmten, relativ stabilen Persönlichkeitsmerkmalen und Charaktereigenschaften beruht. Führung sei demnach eher angeboren als erlernbar. Moderne Varianten dieser Theorie beziehen sich oft auf die "Big Five" der Persönlichkeitspsychologie (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus) und untersuchen deren Korrelation mit Führungserfolg. So wird beispielsweise Extraversion und Gewissenhaftigkeit oft ein positiver Einfluss zugeschrieben.
Kritische Würdigung: Eigenschaftstheorien sind heute weitgehend überholt, da sie den Einfluss der Situation und der geführten Mitarbeiter komplett vernachlässigen. Es gibt keine universelle Eigenschaft, die in jeder Situation Erfolg garantiert. Dennoch verdeutlichen sie, dass bestimmte Persönlichkeitsaspekte die Ausübung einer Führungsrolle erleichtern oder erschweren können.
Verhaltenstheorien
Diese Theorien verlagern den Fokus von den Eigenschaften auf das konkrete, beobachtbare und somit erlernbare Verhalten einer Führungskraft. Die zentrale Frage lautet nicht mehr "Wie ist eine Führungskraft?", sondern "Was tut eine Führungskraft?".
Das bekannteste Modell ist das Managerial Grid (Verhaltensgitter) nach Blake und Mouton. Es spannt ein Koordinatensystem mit zwei Dimensionen auf:
- X-Achse (Sach- oder Aufgabenorientierung): Das Ausmaß, in dem die Führungskraft auf die Erreichung von Zielen, Effizienz und Produktivität achtet.
- Y-Achse (Mitarbeiter- oder Menschenorientierung): Das Ausmaß, in dem die Führungskraft auf die Bedürfnisse, die Zufriedenheit und das Wohlergehen der Mitarbeiter Rücksicht nimmt.
Auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 9 (hoch) ergeben sich 81 mögliche Führungsstile, von denen fünf als typisch beschrieben werden. Als Ideal wird der 9,9-Stil (Teammanagement) postuliert, der eine hohe Mitarbeiter- und Sachorientierung integriert. Hier schafft die Führungskraft durch Partizipation und Engagement ein Klima, in dem sich die Mitarbeiter den Zielen verpflichtet fühlen und gemeinsam Höchstleistungen erbringen.
Situationstheorien
Situationstheorien gehen den entscheidenden Schritt weiter und postulieren, dass es keinen "one best way" der Führung gibt. Ein effektiver Führungsstil ist vielmehr von den Rahmenbedingungen der jeweiligen Situation abhängig.
Das prominenteste Modell ist das Reifegradmodell nach Hersey und Blanchard. Es besagt, dass eine Führungskraft ihren Stil an den spezifischen "Reifegrad" des Mitarbeiters in Bezug auf eine konkrete Aufgabe anpassen muss. Der Reifegrad setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
- Fachliche Reife: Fähigkeit und Wissen (Können).
- Psychologische Reife: Selbstvertrauen und Motivation (Wollen).
Daraus ergeben sich vier Reifegrade (RG1 bis RG4) und vier korrespondierende Führungsstile:
- RG1 (niedrige Reife): Mitarbeiter kann nicht und will nicht/ist unsicher. -> Führungsstil 1: Unterweisen (Telling). Die Führungskraft gibt klare Anweisungen und kontrolliert die Ausführung engmaschig (hohe Aufgaben-, niedrige Mitarbeiterorientierung). Beispiel Handel: Ein neuer Auszubildender am ersten Tag an der Kasse.
- RG2 (geringe bis mäßige Reife): Mitarbeiter will, kann aber noch nicht. -> Führungsstil 2: Verkaufen/Argumentieren (Selling). Die Führungskraft leitet weiterhin an, erklärt aber die Zusammenhänge und versucht, den Mitarbeiter zu überzeugen und zu motivieren (hohe Aufgaben-, hohe Mitarbeiterorientierung). Beispiel Handel: Der Azubi nach einigen Wochen, der motiviert ist, aber noch Unterstützung bei komplexeren Vorgängen benötigt.
- RG3 (mäßige bis hohe Reife): Mitarbeiter kann, will aber nicht/ist unsicher. -> Führungsstil 3: Partizipieren (Participating). Die Führungskraft beteiligt den Mitarbeiter an Entscheidungen und unterstützt ihn, um sein Selbstvertrauen zu stärken. Die Verantwortung wird geteilt (niedrige Aufgaben-, hohe Mitarbeiterorientierung). Beispiel Handel: Eine erfahrene Verkäuferin, die nach einer negativen Kundenerfahrung demotiviert ist.
RG4 (hohe Reife): Mitarbeiter kann und will. -> Führungsstil 4: Delegieren (Delegating). Die Führungskraft überträgt Aufgaben und Verantwortung vollständig. Kontrolle erfolgt nur noch auf Ergebnisebene (niedrige Aufgaben-, niedrige Mitarbeiterorientierung). Beispiel Handel: Die erfahrene Erstkraft, die eigenständig die Verantwortung für einen Warenbereich übernimmt.
Infografik
Führungstheorien im Überblick
Vom angeborenen Merkmal zum anpassungsfähigen Verhalten: Eine visuelle Reise durch die Kerngedanken der Führung.
1. Eigenschaftstheorien: Der geborene Anführer?
Die ältesten Theorien gingen davon aus, dass Führungskräfte besondere, angeborene Persönlichkeitsmerkmale besitzen. Moderne Ansätze untersuchen oft die "Big Five" der Persönlichkeit, um Tendenzen für Führungserfolg zu identifizieren, wobei insbesondere Gewissenhaftigkeit und Extraversion positiv korrelieren.
Kritische Würdigung
Dieser Ansatz ist heute weitgehend überholt, da der Einfluss der Situation und des Teams ignoriert wird. Es gibt keine universelle Erfolgsformel in Form von Eigenschaften.
Wichtige Erkenntnis:
Bestimmte Persönlichkeitszüge können die Ausübung einer Führungsrolle erleichtern oder erschweren, garantieren aber keinen Erfolg.
2. Verhaltenstheorien: Was Führungskräfte tun
Der Fokus verschiebt sich von "Wer ist ein Führer?" zu "Was tut ein Führer?". Führungsverhalten wird als erlernbar betrachtet. Das bekannteste Modell ist das "Managerial Grid" von Blake und Mouton, das Führungsstile anhand von zwei Dimensionen einordnet: Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung.
Das Managerial Grid (Verhaltensgitter)
Das Gitter zeigt 81 mögliche Stile auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 9 (hoch). Der Idealzustand ist der 9,9-Stil "Teammanagement", der hohe Produktivität durch engagierte und zufriedene Mitarbeiter erreicht.
- → 1,1 Überlebensmanagement: Geringes Interesse an Menschen und Aufgaben.
- → 9,1 Befehl-Gehorsam-Management: Hohe Aufgaben-, niedrige Mitarbeiterorientierung.
- → 1,9 Glacéhandschuh-Management: Hohe Mitarbeiter-, niedrige Aufgabenorientierung.
- → 9,9 Teammanagement: Hohe Integration beider Orientierungen (Ideal).
3. Situationstheorien: Es kommt darauf an!
Der entscheidende Schritt: Effektive Führung ist nicht universell, sondern passt sich der Situation an. Das Reifegradmodell von Hersey und Blanchard ist das prominenteste Beispiel. Der Führungsstil wird auf den "Reifegrad" des Mitarbeiters (Können und Wollen) für eine bestimmte Aufgabe abgestimmt.
Das situative Reifegradmodell
Geringe Reife
Mitarbeiter kann nicht und will nicht (oder ist unsicher).
Stil: Unterweisen (Telling)
Klare Anweisungen, enge Kontrolle.
Geringe bis mäßige Reife
Mitarbeiter will, kann aber noch nicht.
Stil: Verkaufen (Selling)
Anleiten und überzeugen.
Mäßige bis hohe Reife
Mitarbeiter kann, will aber nicht (oder ist unsicher).
Stil: Partizipieren (Participating)
Einbeziehen und unterstützen.
Hohe Reife
Mitarbeiter kann und will.
Stil: Delegieren (Delegating)
Verantwortung übertragen.
Die vier Führungsstile lassen sich ebenfalls nach Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung einordnen:
Übungsaufgaben
Übungsaufgaben: Führungstheorien
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